Zeig mir wo es steht und ich glaub dir den Beleg

Hinweise zur Forschung

Wer sich über die Sachkultur des hochmittelalterlichen Adels und über die gesellschaftlichen Umgangsformen im 12. und 13. Jahrhundert informieren will, muß die kulturgeschichtlichen Darstellungen des 19. Jahrhunderts zu Rate ziehen, …“

Dieser Satz im Buch „Höfische Kultur“ von Joachim Bumke bezieht sich auf den großen Forschungseifer bezüglich dem Mittelalter im 19. bis 20. Jahrhundert wo eine große Auswertung seitens Kunsthistorikern und Kulturgeschichtlern stattgefunden hat. Einige Zeilen weiter kann man aber eine Warnung lesen: „Was den Wert der Darstellung beeinträchtigt und was schließlich die Kulturgeschichte alten Stils in Mißkredit gebracht hat, ist die unkritische Interpretation des Belegmaterials. Zwei Verfahrensweisen sind besonders typisch für die methodischen Mängel der Quellenauswertung. Einmal wurde das, was von den Dichtern als merkwürdiger Ausnahmefall erzählt wurde, als etwas damals Übliches hingestellt und zum gesellschaftlichen Normalfall verallgemeinert. Zum anderen blieb der poetische Charakter der meisten Belege unberücksichtigt, so daß in naiver Weise als Wirklichkeit angesehen wurde, was in der Dichtung Teil eines idealisierten Gesellschaftsbildes war. …“, so Bumke.

Diese Verfahren haben dazu geführt, dass frühere Forschungswerke Vorurteile nahezu gezüchtet haben. Von der Behauptung, das man beim Essen zwei Brotscheiben nahm und dazwischen Kalbshirn oder zerkochte Zwetschken legte und dies mit Fett buk, über die Damenbekleidung, die am Hals eine Agraffe trug damit der Mann der Dame nicht an den Busen greifen konnte, von Bauern die sich in ihrer Freizeit ins Gras legten um sich vom Ungeziefer reinigen zu lassen, bis hin zu der Behauptung, dass man in den Burgen ins Bett immer das bloße Schwert legte wenn man keinen Kontakt mit der Person neben einen wünscht.

1938 schrieb man vom großen Verfall der Ideale des Rittertums. Nicht beachtet hat man jedoch, dass hier Stilmittel der Dichter missverstanden wurden. Die Laienbildung war – im Adel – um 1200 – 1300 n. Chr. schon weit verbreitet. Der Dank gebührt hier den Dichtern die vom Verfall sangen und davon, dass damals zu Artus Zeiten alle Ritter lesen und tanzen konnten (Laudatio temporis acti). Durch diese Moralpredigerei und dadurch, dass eine bunte Welt mit Brokat-Zelten, Marmorherden und Rittern mit allen Tugenden gesegnet angepriesen wurde, konnte sich die höfische Kultur im 12. und 13. Jahrhundert erst so entfalten wie sie es letztendlich getan hat.

Diesen Fehlern entgegenzuarbeiten ist, laut Joachim Bumke, die Aufgabe der heutigen Forschung.

Forschungsmaterial

Materialien die zur Laien- aber auch professionellen Forschung eingesetzt werden können sind laut Joachim Bumke:

  1. Literarische Texte – bezogen auf unsere Gegend – in deutscher Sprache. Hochfiktionale Texte der Minnedichter, lehrhafte Dichtungen und Epen mit eigenen Wahrheitsgehalt. Hierbei ist darauf zu achten, dass mit dem Grad der Fiktionalität die Schwierigkeit der realgeschichtlichen Auswertung größer wird.

    Die höfischen Romane, mit ihren Beschreibungen von Waffen, Kleidung, Turnier und Verhalten, scheinen wie Handbücher des Adels und wurden damals bestimmt auch so verstanden. Wenn man den Realitätsgehalt der Dichtungen in Frage stellen will ist dies eine Sache. Man kann aber sicher sein, dass Adelige die etwas auf sich gehalten haben das ein oder andere was die Dichter vortrugen beherzigt haben und versuchten dies umzusetzen.

  1. Bildliche Darstellungen in Form von Malereien, Handschriftenminiaturen, Wandfresken, plastische Darstellungen in Stein (Grabmäler), Holz und Metall und mit Bildern geschmückte Gebrauchsgegenstände aus verschiedensten Materialien. Besonders wichtig für das Höfische sind Siegelbilder. Probleme gibt es hier laut Bumke, wenn man diese Quelle „als Zeugnisse der Gesellschaftskultur betrachtet, wie für die literarischen Texte. Bumke hierzu: “ Die Schwierigkeiten seien hier sogar größer, da diese Form von Darstellungen meist in den Händen von Verwandten und Kirche war (Herzog Heinrich der Löwe ist auf seinem Grabmal als junger Mann dargestellt).
  1. Materielle Hinterlassenschaften als reiche, erst teilweise erschlossene Quellengruppe. Hier kann wenig der adeligen Laienkultur als vielmehr den kirchlichen Altertümern zugeordnet werden. Nur wenige Kunst- und Gebrauchsgegenstände wie Schachfigunre, Trink- und Gießgefäße, Spiegel, Beutel, Gürtelschnallen, Kerzenhalter, Holzkästchen, usw. blieben erhalten.

  1. Historische Quellen in Latein spielen zumindest aus der höfischen Perspektive eine untergeordnete Rolle, da die Schreiber der Chroniken das Gesellschaftsleben des weltlichen Adels weitgehend als unwichtig ausgeblendet haben.

Autor:

Alexander Jäger

Quellen:

„Höfische Kultur“ von Joachim Bumke

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